Band 39
Ist Europa noch zu retten?
Seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wachsen die Kulturen Europas verstärkt zusammen, was sich zum einen durch Institutionen, aber auch durch die Bevölkerungs- und Wirtschaftsschwerpunkte zeigt. Zu Europa gehören heute 49 souveräne Staaten, von denen zurzeit 28 Staaten die Europäische Union bilden.
Steht die Europäische Union für Frieden, Demokratie, Freiheit und Wohlstand? Die EU tritt in der allgemeinen Wahrnehmung meist im Krisenmodus auf. Dafür genügt es, die Schlagwörter „Brexit“, „Eurokrise“ und „Flüchtlingskrise“ in die Debatte zu werfen.
Hat die deutsche Regierung mit ihrem Verhalten die Risse im Fundament des europäischen Vereinigungsprozesses vergrößert? Die Symptome der EU-Krise sind vielfältig und schnell benannt – aber wofür stehen sie? Ist der Europäische Gedanke weiterhin tragfähig; welche Werte trägt die EU? Diese und andere Fragen öffnen den Blick für die komplizierte Geschichte Europas und verweisen darauf, dass bedeutende Territorien unseres Kontinents jahrhundertelang nicht nach Wien, Berlin, Paris oder London ausgerichtet waren, sondern nach Rom, Konstantinopel oder Moskau.
Die europäische Politik verschränkt sich mit dem gegenwärtigen Umbruch der Weltordnung und mit den Globalisierungsprozessen. Der „atlantische Block“, wie er sich nach dem Zweiten Weltkrieg unter Führung der USA herausgebildet hatte, erscheint zerbrochen. Die Frage nach den Beziehungen der EU sowohl zu Russland als auch zu China, zu einem Land also, in dem sich eine stürmisch wachsende kapitalistische Marktwirtschaft mit dem Gewaltmonopol seiner Kommunistischen Partei verbindet, weist auf mehrfach widersprüchliche Konstellationen. Einerseits fürchtet man in Europa gerade China als Konkurrenten und will es kleinhalten. Andererseits bietet den europäischen Unternehmen der chinesische Markt auch große Gewinnchancen.
Rechte und populistische Kulturkämpfer, liberale Reformer und kritische, linke Europäer haben verschiedene Szenarien zur Krisenbewältigung entwickelt. Welche sind das? Verfügt die gegenwärtige Union überhaupt über einen ethischen Wertekonsens des kulturellen Zusammenhalts, die demokratischen Strukturen, die wirtschaftlichen und sozialen Ressourcen und das rechtsstaatliche Instrumentarium, um ihre komplexe und tiefgehende Krise zu lösen?
Dieses Buch widmet sich im Interesse der Aufklärung und des Humanismus einem aktuellen Thema und den interdisziplinär zu erörternden Daseins- und Wertefragen des gegenwärtigen und künftigen Zusammenlebens der Menschen auf dem Europäischen Kontinent. Die Beiträge befassen sich mit der Krise und den Chancen der Europäischen Union, ihren Ursachen, Hintergründen und Folgen sowie mit der Frage nach der Problemlösungsfähigkeit der EU. Lassen Sie uns gemeinsam auf eine Reise in unsere Gegenwart und Zukunft gehen.
Das Thema „“Ist Europa noch zu retten?“ steht über dem Band 39 der Schriftenreihe der Freien Akademie. Herausgeber des Buches ist Dr. Gunter Willing. Er hatte die wissenschaftliche Tagung der Freien Akademie im Mai/ Juni 2019 zum gleichen Thema inhaltlich vorbereitet und geleitet. Die Beiträge entstanden aus Vortragstexten im Ergebnis der wissenschaftlichen Tagung der Freien Akademie.
Dr. Volker Mueller
Inhalt:
Volker Mueller:
Kulturraum Europa. Ein Vorwort.
Gunter Willing:
Europa: Hineinhören, Hineinblicken, Hineindenken!
Peter Wahl:
Wo steht die EU? Wie sind ihre Zukunftsaussichten?
Martin Becher/ Reiner Schübel:
„Ja zu gelebter Menschenfreundlichkeit Gottes“ – das Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
Martin Schippan:
Das institutionelle Demokratiedefizit der EU: Ist ein Ausweg aus der politischen Krise möglich?
Christine Heimann/ Luca Civale/ Helen Gloy:
Die Asylpolitik der EU – Sackgasse oder Baustelle?
Christian Michelsen:
Hellas und Hesperien – Die Wagenfahrt des Parmenides vom Mythos zum Logos.
Michael Schippan:
Russland und Europa – Russland in Europa: Historische Betrachtungen.
Ulrich Schöning:
Einige kontroverse Bemerkungen zu Michael Schippans Beitrag „Russland und Europa – Russland in Europa. Historische Betrachtungen“.
Dieter Fauth/ Christian Michelsen/ Volker Mueller:
Bericht über Reinhard Lauterbachs Vortrag zum Thema: Austritt oder ‚Realismus‘ – Wohin steuert Polen in der EU?